Bei der Prozessfinanzierung handelt es sich um eine Finanzdienstleistung. Vereinfacht gesagt übernimmt ein Unternehmen (der Prozessfinanzierer) für Sie Ihre Prozesskosten eines Gerichtsverfahren sowie entsprechende Risiken, im Verlustfall die gegnerischen Kosten bezahlen zu müssen. Im Gegenzug erhält der Prozessfinanzierer bei erfolgreicher Durchsetzung Ihrer Ansprüche eine Erfolgsbeteiligung am erzielten Prozesserlös. Erfahren Sie in diesem Beitrag unter anderem, wie die Prozessfinanzierung genau funktioniert und wann Sie von Nutzen ist.
Was machen Prozessfinanzierer?
Ein Prozessfinanzierer ermöglicht das Abwickeln von Ansprüchen, die aufgrund der Höhe der Prozesskosten oder einem unverhältnismäßigen Aufwand mitunter nicht nachverfolgt werden. In der Regel liegt die Erfolgsbeteiligung, welche der Prozessfinanzierer im Erfolgsfall behält, zwischen 25 % – 38 % des für Sie erstrittenen Erlöses. Sie kann als Entlohnung für die Risikoübernahme und die Finanzierung der Prozesskosten angesehen werden.
So können Prozessfinanzierer beispielsweise unterstützen:
- Alternative, falls keine Rechtsschutzversicherung besteht.
- Prüfung von Erfolgsaussichten potenzieller Klagen und Ansprüche.
- Organisation und Abwicklung von Sammelklagen – damit werden auch geringe Forderungen betreibbar.
- Übernahme Ihrer Auslagen im Zusammenhang von Rechtsstreitigkeiten – kein „frisches“ Geld notwendig.
- Finanzierung Ihrer Anwalts- und Gerichtskosten.
- Übernahme von Zeugen- und Sachverständigenkosten.
- Der Prozessfinanzierer trägt das volle Risiko – sowohl für Ihre eigenen Kosten als auch jene der Gegenseite.
Ein gesetzlicher Anspruch auf eine Prozessfinanzierung besteht natürlich nicht. Prozessfinanzierer handeln als gewinnorientierte Unternehmen und werden aufgrund dessen nur Aufträge annehmen, die ihrer Ansicht nach eine überwiegende Erfolgswahrscheinlichkeit haben. Auch abgelehnte Aufträge können so aber bereits ein guter Indikator sein: Die Aussicht auf Erfolg der Klage wäre möglicherweise eher gering gewesen.
Wann ist eine Prozessfinanzierung sinnvoll?
Eine Prozessfinanzierung kann in vielerlei Hinsicht sinnvoll sein. Das gilt vor allem dann, wenn Sie keine Rechtsschutzversicherung haben, die für Ihre Auslagen im Zuge einer Klage aufkommt. Profitieren können Sie mitunter auch bei der Beteiligung an Sammelklagen bzw. Sammelverfahren. Viele Prozessfinanzierer listen aktuelle Klagen bzw. Verfahren auf ihrer Internetpräsenz und geben diese außerdem in den Medien kund. Oft ist es möglich, bereits online einen Anspruchscheck durchzuführen, bevor Sie sich anmelden und Ihre Unterlagen einreichen.
Eine Prozessfinanzierung kann etwa in folgenden Bereichen infrage kommen:
- Erbrecht
- Produkthaftungsfälle
- Schadensersatzklagen
- Urheberrechtsverletzung
- Arbeitsrechtliche Ansprüche
- Rückforderungen und Rückerstattungen
Ob und unter welchen Bedingungen (Einzel-) Verfahren angenommen und die Kosten finanziert werden, entscheidet jeder der Dienstleister selbst. Am besten Sie erkundigen sich unverbindlich, ob Ihr Anliegen infrage kommt. Gerne helfen Ihnen die jeweiligen Anbieter diesbezüglich weiter.
Sind Prozessfinanzierer gleichzeitig Anwälte?
Nein, Prozessfinanzierer sind keine Anwälte. Vielmehr arbeiten Prozessfinanzierer mit hochspezialisierten Anwälten regelmäßig zusammen und empfehlen diese auch bei Bedarf gerne an die prozessfinanzierten Kunden.
Was ist der Unterschied zwischen Prozessfinanzierung und Verfahrenshilfe?
Im Gegensatz zur Prozessfinanzierung, die durch Dienstleister angeboten wird, handelt es sich bei der Verfahrenshilfe um eine finanzielle Unterstützung, die beim zuständigen Gericht erster Instanz beantragt werden kann. Anspruchsberechtigt sind Personen bzw. Verfahrensparteien, die sich die Kosten für ein Verfahren nicht leisten können. Das kann unter anderem der Fall sein, wenn dadurch der Unterhalt für die eigene Familie nicht mehr finanzierbar ist.
Um Verfahrenshilfe zu beantragen, muss man seine Vermögensverhältnisse offenlegen. Zudem darf die beabsichtigte Prozessführung weder mutwillig noch aussichtslos erscheinen. Über die Gewährung von Verfahrenshilfe entscheidet das Gericht per Beschluss. Der Umfang richtet sich dann in weiterer Folge nach dem vorhandenen Einkommen bzw. Vermögen.
Achtung: Sollten Sie das Verfahren verlieren sind zwar Ihre eigenen Kosten gedeckt, die Anwaltskosten des Gegners jedoch nicht. Weiters ist es möglich, dass Sie die gewährte Verfahrenshilfe innerhalb von drei Jahren nach Abschluss des Verfahrens zurückzahlen müssen. Das gilt insbesondere, wenn Sie in die Lage kommen, die entsprechenden Beiträge ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts bezahlen zu können, etwa durch eine Veränderung Ihres Einkommens.
Lohnt sich eine Prozessfinanzierung?
Ja, sie kann sich in vielen Fällen lohnen. Beispielsweise wenn Sie weder Anspruch auf Verfahrenshilfe haben noch auf eine Rechtsschutzversicherung zurückgreifen können, die Prozesskosten nicht leistbar sind oder sie das Verfahren schlicht nicht mit eigenen Mitteln führen möchten.
Lassen Sie sich von Ihrem Rechtsbeistand beraten und informieren Sie sich unverbindlich beim Prozessfinanzierer Ihrer Wahl hinsichtlich Möglichkeiten. Behalten Sie zudem Sammelklagen, die von den Prozessfinanzierern angeboten werden, im Blick, bei denen Sie sich eventuell anschließen können.